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Erinnerung an Hans-Jürgen Klink

16. February 2022

Prof. Dr. Hans-Jürgen Klink (* 25. Oktober 1933) ist am 2. Februar 2022 im Alter von 88 Jahren verstorben. Von 1979 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1999 war Hans-Jürgen Klink Inhaber des Lehrstuhls für Physische Geographie und Landschaftsökologie. Seine Forschungs- und Tätigkeitsfelder lagen im Bereich der Vegetationsgeographie, Landschaftsökologie und Landeskunde. Bundesweit ist er vielen Studierenden durch sein Lehrbuch Vegetationsgeographie (Klink & Mayer, 1983) bekannt geworden.
Generationen von Diplom- und Lehramtsstudierenden haben ihn als akademischen Lehrer geschätzt, der in Vorlesungen und Seminaren gerne seine Begeisterung für die Natur weitergab. Er war ein beliebter Prüfer, und scheute sich nicht, bis zu 20 Abschlussarbeiten pro Jahr zu betreuen und zu begutachten. Aktiv gestaltete er den Nebenfach-Studiengang Landschaftsökologie mit und 1993 die Einführung des Nebenfachs Geoökologie. In den damaligen Studienreformen unterstützte er auch die Aufnahme der Bodenkunde als Nebenfach im Diplom-Studiengang, so stark lag ihm der Boden als Standortfaktor im Ökosystem am Herzen.
Sein Denken in landschaftsökologischen Zusammenhängen geht auf seine Kindheitserfahrungen in Schlesien und in der Jugend zurück, die er in Traunstein/Oberbayern verbrachte. Den Berufswunsch, Förster zu werden, konnte er zwar nicht realisieren, aber seiner Liebe für Wälder und seinem Interesse an landschaftsökologischen Prozessen in Waldökosystemen blieb er durch die Wahl der Studienfächer Geographie und Biologie, daneben Chemie und Bodenkunde in München, Erlangen und vor allem in Göttingen treu. In Göttingen tauchte er in die dortige landschaftsökologische Schule um Firbas, Ellenberg und Czajka ein. Bei Willi Czajka wurde er mit der „Naturräumlichen Gliederung des lth-Hils-Berglandes“ promoviert. Diese Arbeit bezeichnete Klaus Müller-Hohenstein 1998 als einen Meilenstein in methodischer Sicht, mit der er die Forderungen Carl Trolls umsetzte, großmaßstäbig landschaftsökologisch zu arbeiten. Hans-Jürgen Klink untermauerte darin die nützliche, aber methodisch fragwürdig gewordene „Naturräumliche Gliederung Deutschlands“ mit der empirisch gesättigten, präzisen Aufnahme und räumlichen Differenzierung von Relief, Boden und Vegetation. In keinem der landschaftsökologischen Lehrbücher der folgenden Jahrzehnte fehlten Schlüsselabbildungen aus seiner Dissertation.
Sein Berufsweg führte ihn als Referent für Physische Geographie und deutsche Landeskunde an die damalige Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung in Bonn-Bad Godesberg (heute: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung), ehe er 1971 an das Geographische Institut der Universität Bonn wechselte, erst als Akademischer Oberrat, später als Studienprofessor. 1974 habilitierte er sich mit einer Arbeit über „Vegetation und ihre Umwelt im östlichen Hochland von Mexiko in Abhängigkeit von Klima, Boden und Mensch“. Einen Ruf an die Universität Marburg (1973) nahm er aus familiären Gründen nicht an, jedoch einen weiteren nach Aachen, wo er für drei Jahre als Wissenschaftlicher Rat und Professor für das Lehrgebiet Geoökologie und Physische Geographie wirkte. Schließlich gelangte er 1979 an das noch junge Bochumer Geographische Institut.
In Bochum förderte er stadtökologische Arbeiten und unterstützte sehr die Anwendung landschaftsökologischer Methoden und Erkenntnisse in der Praxis von Berufsgeographen. Diese Absolventengruppe hatte sich seit der Einführung des Diplom-Studiengangs Geographie zunehmend Arbeitsfelder außerhalb der Schule erschlossen. In diesem Zusammenhang steht auch seine langjährige Mitarbeit im Arbeitskreis Geoökologische Kartierung und Leistungsvermögen des Landschaftshaushalts der Deutschen Akademie für Landeskunde seit 1984. Entsprechende Bewertungen von Landschaftsfunktionen und -potentialen – heute sog. Ökosystemleistungen – fanden Eingang zum Beispiel in Umweltverträglichkeitsprüfungen. Der überwiegende Teil seiner zehn Doktorandinnen und Doktoranden in der Erstbetreuung arbeitete an anwendungsbezogenen Themen zu Landschaftsplanung und Umweltschutz in Mitteleuropa.
Mitteleuropa blieb trotz der Habilitationsschrift über Mexiko sein regionaler Schwerpunkt. Das hing vielleicht auch mit seiner geringen Neigung zusammen, Flugzeuge zu besteigen, was tatsächlich genau zweimal überliefert ist (Mexiko und Staat Washington, USA). Aber dafür kannte er sich landeskundlich und landeshistorisch wie wenige aus. Auf studentischen und auf Exkursionen, die er am Rande von Tagungen besuchte, ließ er sein detailreiches Wissen über naturräumliche Zusammenhänge, historische Landschaften und sogar Adelshäuser aufblitzen. Bis zuletzt blieb in Gesprächen mit ihm das Interesse an der Stadtökologie und an der naturräumlichen Gliederung Deutschlands wach. Hierzu gehört auch die Beschäftigung mit der Heimat Niederschlesien, die er 1945 nach der Grundschulzeit als Flüchtling verlassen musste. Regelmäßig erkundigte er sich nach neuen Entwicklungen im Geographischen Institut. Vorherrschendes Thema war die Sorge um den Zustand der Umwelt und den Klimawandel. So verwundert es auch nicht, dass er vor zehn Jahren – fast achtzigjährig – als Autor am Lehrbuch „Biogeographie“ (Schmitt et al. 2012) beteiligt war, das eine fachinhaltliche Weiterentwicklung seines Lehrbuches Vegetationsgeographie darstellt.
Hans-Jürgen Klink war seit 1975 Mitglied in der Deutschen Akademie für Landeskunde (früher Zentralausschuss für deutsche Landeskunde) und in der Historischen Kommission für Schlesien; 1981 wurde er zum Mitherausgeber der Berichte zur deutschen Landeskunde (heute: Berichte. Geographie und Landeskunde). Er war Dekan der Fakultät für Geowissenschaften (1982-1984) der Ruhr-Universität Bochum, DFG-Fachgutachter (1983-1987), Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie (1977-1983) und der Studienreform-Kommission für den Diplom-Studiengang Geographie bei der Ständigen Konferenz der Kultusminister in Bonn (1982-1984).
Mit dem Tod von Hans-Jürgen Klink verliert das Geographische Institut nicht nur einen richtungsweisenden Wissenschaftler, sondern auch einen weltoffenen, menschenfreundlichen Kollegen und Hochschullehrer, der immer wieder das Gespräch mit seinen Kollegen und Schülern suchte und Kontakt zum Institut hielt.
Wir sind froh und dankbar, ihn gekannt zu haben und ein Stück des beruflichen Weges gemeinsam mit ihm gegangen zu sein.

Harald Zepp und Thomas Schmitt, 14.2.2022
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