NACH OBEN



Crowdsourcing von Lufttemperaturen mit Fahrrädern – Crowdbike-Seminar der AG Climatology

19. October 2020

Der Anteil der Weltbevölkerung in Städten wächst weltweit. Die Prognose der Vereinten Nationen sagt voraus, dass bis 2050 66 % der Weltbevölkerung in Städten lebt. Der Eingriff der Städte in die natürliche Umgebung verursacht eine Überwärmung der Stadt gegenüber dem Umland. Dieses Phänomen ist bekannt unter dem Begriff der Städtischen Wärmeinsel. Traditionelle Netzwerke von Klimastation liefern hochqualitative Daten, oft über einen langen Zeitraum. Da die Klimastationen teuer sind, ist die räumliche Auflösung der Daten aber meist niedrig. Für eine genaue Darstellung und Erforschung der städtischen Wärmeinsel ist diese räumliche Auflösung nicht ausreichend. An diesem Punkt bietet Crowdsourcing die Möglichkeit, die räumliche Auflösung der Daten zu erhöhen. Eine Möglichkeit des Crowdsourcings besteht darin, Wetterdaten von privaten Wetterstationen zu nutzen. Diese werden kostenlos von den Besitzern der Wetterstation bereitgestellt. Daneben können mit günstigen Sensoren mobile Messungen durchgeführt werden. Genau das passierte im Sommersemester in einem Seminar des Geographischen Instituts: In diesem Masterkurs wurden Fahrräder als flexible Plattform genutzt, mit der gut längere Strecken abgedeckt werden können. Zudem produziert das Fahrrad keine Emission und kann somit Messungen der Luftqualität nicht verfälschen. Die Messeinheit für diesen Kurs besteht aus einem Low-Cost-Temperatur- und Feuchtesensor, einem PM Sensor, einem GPS und einem Raspberry Pi. Die Temperatur- und Feuchtesensoren wurden an der Rudolf-Geiger Freilandstation (RGS) kalibriert. Die Studierenden haben zuhause die Sensoren mit dem Raspberry Pi verbunden und die Software eingerichtet. Danach wurden Routen im Bochumer Stadtgebiet geplant, die möglichst viele verschiedene Stadtstrukturen abdecken. Nach einer Auswahl und Überarbeitung konnten die Studierenden dann eine Route für die Messkampagne wählen. Während der Messkampagne am 12.07 wurden diese 22:00 Uhr bis 24:00 Uhr abgefahren. Trotz der erschwerten Bedingungen durch die Corona Pandemie haben alle Studierenden an der Messfahrt teilgenommen. Die ersten Ergebnisse der Messkampagne zeigen ein prägnantes Muster der städtischen Wärmeinsel an diesem Abend. Die Kaltluftbereiche im Süden und besonders im Lottental sind bis zu -2,4 °C kälter als die Referenz an der RGS. Überwärmung ist vor allem im Stadtzentrum zu finden und war bis zu 5,3 °C wärmer als die Referenz. Analog zu der Lufttemperatur verhält sich die Luftfeuchtigkeit. Eine hohe Luftfeuchtigkeit ist in den Bereichen kälterer Luft zu finden, eine niedrige Luftfeuchtigkeit in den Bereichen hoher Lufttemperaturen. Die Messungen von PM 2.5 und PM 10 zeigen kein eindeutiges Bild, möglicherweise da diese nicht kalibriert werden konnten. Im nächsten Jahr wird der Kurs wieder stattfinden, dann hoffentlich ohne Corona-Einschränkungen. Dabei könnte der Crowdsourcing Aspekt gestärkt werden und es könnten beispielsweise interessierte Bürger:innen mit eingebunden werden. Bei regelmäßiger Nutzung könnten so langfristig mehr Daten erhoben und die zeitliche und räumliche Variation des Stadtklimas erfasst werden.
Diese Meldung wurde aus dem Archiv der bis Oktober 2022 aktiven Instituts-Homepage importiert. Bilder, Formatierungen und Links sind ggf. inkorrekt oder fehlen.