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Vermeintliche Schwarzerde als Zeugnis einer frühen Landwirtschaft

07. June 2017

Eine Neuinterpretation von schwarzen Böden in der Westfälischen Bucht durch Dr. Till Kasielke und Dr. Katja Wiedner hat ihnen den Preis für den besten Vortrag auf der Jahrestagung des AK Geoarchäologie in Erlangen (12./13. Mai 2017) eingebracht. Kernaussage ihrer Erläuterungen war, dass ein Boden, der bisher als degradierte Schwarzerde gedeutet wurde, wohl eher als Relikt prähistorischer, von Bränden gekennzeichneter Landwirtschaft verstanden werden muss. So lautete der Titel ihres Vortrags „Vermeintliche Schwarzerderelikte in der Hellwegbörde (Westfalen) ­– natürlich oder anthropogen?“ Im Mittelpunkt stand dabei ein in der Hellwegbörde (am Südrand der Westfälischen Bucht) inselhaft verbreitete Boden, der bisher als degradierte Schwarzerde gedeutet wurde. Im Rahmen einer archäologischen Prospektion wurde ein solche Vorkommen bei Dortmund näher untersucht. In flachen Hangdellen wurde ein bis 0,5 m mächtiger, schwarzer Horizont unter Kolluvium angetroffen, der einer pseudovergleyten Parabraunerde aus Löss aufliegt. In Anbetracht der dunklen Färbung weist der schwarze Boden auffällig niedrige Humusgehalte aus (~1% TOC). Die schwarze Farbe wird durch hohe Gehalte an pyrogenem Kohlenstoff (Black Carbon) verursacht, der bis 25 % des gesamten organischen Kohlenstoffs ausmacht. 14C-Datierungen von Holzkohlenpartikeln aus dem schwarzen Horizont lieferten ein endneolithisches, vier bronzezeitliche sowie zwei mittelalterliche Daten. Die Geländebefunde und die Ergebnisse der Laboranalysen lassen auf folgende Entwicklung schließen: Durch regelmäßige, gezielt angelegte Brände als Teil einer neolithisch-bronzezeitlichen Landwirtschaft (vermutlich eine brandgestützte Feld-Wald-Wechselwirtschaft) entstand ein schwarzer „Brandboden“. Auf die ursprünglich großflächigere Verbreitung deuten die außerhalb der Dellen auftretenden dunklen Toninfiltrationsandern im Unterboden hin, die wie der schwarze Horizont hohe Black Carbon-Gehalte aufweisen. Ab dem Mittelalter wurde der schwarze „Brandboden“ durch Bodenerosion vollständig abgetragen und in den Hangdellen zusammengeschwemmt, wo er nachträglich von einem hellbraunen Kolluvium überdeckt wurde. Die Befunde aus dem Untersuchungsgebiet weisen große Ähnlichkeit zu anderen vermeintlichen Schwarzerderelikten im Bereich der Hellwegbörden auf. Auch diese Vorkommen sind vermutlich nicht als degradierte, natürlich entstandenen Tschernoseme, sondern als Relikte prähistorischer Landwirtschaft zu deuten.
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