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Das Kartenarchiv - unentbehrlich trotz Digitalisierung!

13. September 2016

Der langjährige Leiter des Kartenarchivs des Bochumer Geographischen Instituts, Dr. Werner Herzog, beantwortet zu seinem Abschied Fragen zur Bedeutung einer analogen Kartensammlung in Kombination mit digitalen Angeboten. Ist die Bedeutung von Karten in Lehre und Forschung gleich geblieben? Ist ein Kartenarchiv heute noch zeitgemäß? Obwohl die Art und Weise der Nutzung von Karten in Lehre und Forschung sich im vergangenen Jahrzehnt beträchtlich verändert hat, ist ein Kartenarchiv als Bestandteil der Infrastruktur eines Geographischen Instituts auch noch heute und in Zukunft unabdingbar! Geodaten und Geoinformationen bilden den zentralen Arbeitsinhalt der Geographie, und kartographische Produkte bieten die einzigartige und effektivste Möglichkeit, dem Anwender diese Daten bzw. Informationen visuell (und teilweise zusätzlich auch akustisch und haptisch) im räumlichen Zusammenhang zu präsentieren. Kartographische Produkte und somit insbesondere Karten sind demzufolge zweifelsfrei wichtigste Arbeitsmittel für die geographische Lehre und Forschung. Technikbedingt äußert sich der Wandel bei der Kartennutzung in einer quasi explosionsartigen Nutzung digitaler Karten auf Bildschirmen und einer bunten Vielfalt mobiler Endgeräte und geht einher mit einem deutlichen Rückgang der Nachfrage nach analogen kartographischen, also Printprodukten. Aber: Für bestimmte Verwendungszwecke sind analoge Karten, nicht zuletzt für Geographinnen und Geographen, auch in der heutigen Zeit noch sinnvoll: bei Exkursionen und einigen Geländearbeiten etwa zeigen digitale Karten auf mobilen Endgeräten einige Schwächen (Lesbarkeit bei hellem Umgebungslicht; kleine Formate), die analoge Karten nicht besitzen und somit eine sinnvolle Ergänzung der eingesetzten Arbeitsmittel bzw. Medien darstellen können. Generell gilt, dass analoge Karten für bestimmte Verwendungszwecke und Nutzungssituationen weiterhin eine Existenzberechtigung haben, die allerdings von den potentiellen Anwendern auch gesehen werden muss! Nutzerinnen und Nutzer von Karten sollten also vor dem Hintergrund einer jeden Nutzungssituation und dem Handlungsziel abwägen, ob eine digitale oder eine analoge Karte (oder ein anderes kartographisches Produkt, wie etwa ein kartographisches 3D- oder animiertes Produkt) zur raumbezogenen Kommunikation besser geeignet ist – oder auch beide in Kombination. Und für das Kartenarchiv eines Geographischen Institutes bedeutet dies, dass es auch weiterhin analoge Karten anbieten sollte wie selbstverständlich auch digitale! Und da letztgenannte inzwischen unter anderem über das Internet und zahlreiche Geoportale zur Verfügung gestellt werden, bietet das Kartenarchiv unseres Institutes über dessen Internetseite seit Längerem eine wichtige Hilfestellung an: unter http://www.geographie.ruhr-uni-bochum.de/institut/wichtige-orte/kartenarchiv/digitale-karten-online/ findet sich eine umfangreiche Sammlung von Links zu Digitalen Karten, die online aufgerufen werden können und die Zugang zu Kartensammlungen und -portalen der Behördlichen und Gewerblichen Kartographie bieten. Welche Karten sind bei Studierenden besonders beliebt? Welche werde nie nachgefragt? Bezogen auf den analogen Kartenbestand unseres Institutskartenarchivs werden generell eher jene Karten intensiver nachgefragt, die von einzelnen Dozentinnen und Dozenten für Exkursionen und Geländeaufenthalte empfohlen bzw. benötigt werden. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass einzelne Dozentinnen und Dozenten sehr gezielt den Nutzen analoger Karten sehen und sie diese deshalb für Lehrveranstaltungszwecke einsetzen. Die früher sehr intensive Nutzung von analogen Topographischen Karten (insbesondere in den Maßstäben 1:25000 und 1:50000) ist jedoch deutlich zurückgegangen. Möglicherweise würde die Nachfrage wieder steigen, wenn den potentiellen Nutzerinnen und Nutzern bewusst wäre, dass über das sogen. Plot-on-demand-Verfahren der Landesvermessungsverwaltungen der einzelnen Bundesländer aus dem digitalen Datenbestand heraus stets kurzfristig sehr aktuelle Ausgaben der Topographischen Karten und in einem völlig frei wählbaren Blattschnitt („Wunschblattschnitt“) bestellt werden können.
Diese Meldung wurde aus dem Archiv der bis Oktober 2022 aktiven Instituts-Homepage importiert. Bilder, Formatierungen und Links sind ggf. inkorrekt oder fehlen.